DIE LEDERHOSE.
Gemeinsam mit dem Dirndl gehört sie zu den wohl markantesten Bestandteilen alpenländischer Tracht und in weiten Teilen Österreichs und Bayerns zum alltäglichen Beinkleid der Männer.
Im österreichischen Salzkammergut und in dessen Umkreis weist die Lederhose typische Merkmale auf: helle Nähte, bei denen die natürliche helle Farbe des inneren Leders sichtbar ist (Säcklernaht), relativ eng anliegend auch im Kniebereich, handgestickte Auszier, die “Türlklappe” als Verschluss, vier Knöpfe am Beinsaum, eine Messereinstecktasche für den Hirschfänger und ein Zwickel an der Schrittnaht im Bund. Ein Hosenträger gehört zur vollständigen Tracht dazu, dieser kann aus Leder sein oder – wie im inneren Salzkammergut beliebt – aus handbedruckten Stoffgurten.
Eine echte Ausseer Lederhose
wird von Säcklern in Handarbeit hergestellt, aus sämisch gegerbtem Hirschleder, Büffelhorn- und/oder Hirschhornknöpfen, Roggenpapp, Stickseide und einigem mehr. In Österreich gibt es nur einige wenige Säckler, welche Wartezeiten von einundhalb bis sieben Jahren für eine Bestellung haben. Nicht, daß sieben Jahre an einer Hose gearbeitet wird, aber wenn pro Monat nur eine Lederhose die Werkstatt verlässt, muss man eben so lange auf das gute Stück warten.
Die meiste Arbeitszeit
wird dabei für die Auszier der Hosenteile mit Handstickerei aufgewendet – bis zu 80 Stunden dauert es, bis eine reich bestickte Hose mit den typischen Verzierungen versehen wurde. Die Mustervorlagen dafür sind überliefert und jede Werkstatt hat ihre eigenen, oft Jahrhundert alte Model, welche zu der wertvollsten Ausstattung des Betriebs gehören.
Das Leder,
welches für die Herstellung einer Lederhose verwendet wird, kommt von heimischen Gerbereien, welche sich noch auf die traditionell bewährte Methode der Sämischgerberei verstehen. Die Häute dafür werden von Jägern angeliefert, oder von Hirschzuchten im fernen Ausland (z.B. Neuseeland). Zum Einsatz kommt ausschließlich hochwertiges Leder, welches weich wie eine Flanelldecke ist und mit keiner Chemikalie in Berührung gekommen ist – als Gerbstoff wird Fischtran verwendet.
Und nicht zuletzt unterscheidet sich eine vom Säckler hergestellte Lederhose von Stangenware (die mittlerweile auch in Asien erzeugt wird) darin, daß sie auf den Leib des zukünftigen Besitzers maßgeschneidert wird, und so auf persönliche Wünsche und Vorlieben eingegangen werden kann – angefangen vom Schnitt bis zur Färbung des Leders und der Art der Auszier.
DAS PROJEKT
Da ich weder die lange Wartezeit noch die hohen (wenn auch gerechtfertigten) Kosten auf mich nehmen wollte, stellte sich mir die Frage, ob es mir als ausgebildetem Kleidermacher möglich wäre, selbst eine solche Lederhose zu erzeugen. Ich schreibe bewußt “erzeugen”, da es bei der Herstellung weniger ums Nähen geht, als um den richtigen Aufbau und die schöne Stickarbeit. Und den Schnitt. Und die Auswahl der besten Stellen im Leder. Und,…
Welches komplexes Projekt ich damit anfangen würde,
wurde mir spätestens dann klar, als ich Fachliteratur zur Schnitterstellung und Verarbeitung von Leder suchte. Denn dazu gibt es genau gesagt: Nichts.
Offensichtlich wird das Wissen rund um die handwerkliche Erzeugung von Lederhosen ausschließlich von Säcklermeistern an ihre Gesellen weitergegeben, learning by doing würde man außerhalb ihrer Werkstatt sagen. Innerhalb dieser herrschen nämlich tatsächlich noch die guten alten Zeiten, in denen Handwerkskunst und Fachwissen mündlich von Generation zu Generation weitergegeben werden (die Säcklerlehrlinge in Österreich kann man allerdings an einer Tischlerhand abzählen).
Mit anderen Worten bestand der erste große Teil des Projektes darin, den Aufbau einer Lederhose zu verstehen, da dieser sich teilweise stark von dem einer Hose aus Stoff unterscheidet. Eine kleine Hilfe und gute Basis dafür war meine gute (etwa 60 Jahre) alte Lederhose, die ich vor Jahren auf dem Wiener Naschmarkt erstanden hatte und mir bei Wanderungen bis heute immer noch gute Dienste leistet. Nach einer unvermeidbaren Reinigung mit Wasser und Gallseife weist diese Hose trotz langsamer Abtrocknung mittlerweile an einigen Stellen Lederbrüche auf und so manche Naht hat sich gelockert, wodurch ich Einblick in die Schichten der verschiedenen Hosenteile, und somit deren Aufbau, bekommen habe.