Dieser Artikel enthält meine persönliche, unbeeinflusste Meinung zur Roselli Axt, welche ich selbst erworben habe (kein Sponsoring). Am Ende des Artikels befinden sich Affiliate-Links.
Bushcrafting ist ein Zeitvertreib, der immer mehr Leute anzieht und begeistert. Gerade in unserer hoch technologisierten Zeit ist es für viele immer wichtiger, raus an die frische Luft zu gehen um dort für einpaar Stunden oder Tage zu entschleunigen. Zeit in der Natur, im Wald zu verbringen und dort einfach „zu sein“ liegt offensichtlich in der Natur des Menschen, und das, was wir als Kinder immer schon gemacht haben, ist nun auch für Erwachsene salonfähig geworden.
Diesem Trend verdankend haben die meisten Axt-Schmieden inzwischen eine bis mehrere Äxte im Programm, welche sich dafür eignen, auf eine Wanderung, zum Camping oder eben Bushcrafting/Waldlaufen mitgenommen zu werden.
ANFORDERUNGEN AN EINE BUSHCRAFT AXT
Diese Modelle sollen möglichst viele Funktionen in einem einzigen Werkzeug vereinen, welche die gängigsten Herausforderungen von Bushcraftern lösen sollen:
- Einen (kleinen) Baum fällen bzw.
- Einen toten Baum in kleinere Teile hacken
- Einen Baumstamm von Seitenästen befreien
- Holz spalten
- Kienspäne herstellen
- Feathersticks herstellen
- Äste anspitzen (z.B. um sie als Pflock in den Boden zu rammen)
- Angespitzte Äste oder Heringe in den Boden schlagen
- Fleisch /Gemüse zerteilen (falls kein Messer zur Hand)
- Grobe Schnitzarbeiten erledigen
Gleichzeitig sollte so eine Axt jedoch auch Merkmale erfüllen, welche die Mitnahme auf Wanderungen erleichtert bzw. sympathisch machen:
- Kurz genug (Stiel), um im Rucksack Platz zu finden
- Lang genug (Stiel), um genügend Schwung und Schlagkraft zu erzeugen
- Leicht genug (Kopf), um nicht zu sehr ins Gewicht zu fallen
- Schwer genug (Kopf), um genügend Schlagkraft zu erzeugen
Meiner Meinung nach erfüllt die Roselli Wildlife Hachet in der langen Version alle der obigen Kriterien und ist für mich daher die erste Wahl für Bushcrafting von kurzer bis mittlerer Dauer. Ich hatte einige Äxte in der Hand und obwohl ich zuerst skeptisch wegen der außergewöhnlichen Kopfform war bin ich froh, mich für diese tolle Axt entschieden zu haben. Im Folgenden erläutere ich euch im Detail, was das Besondere an dieser Axt ist – ich hoffe, euch damit etwas bei der Wahl eurer zukünftigen Waldlauf Axt behilflich sein zu können.
DER AXT-KOPF
Kommen wir gleich zu Beginn zum wohl wichtigsten und interessantesten Teil der Roselli Axt, dem Axtkopf. Auf den ersten Blick kommt einem die Form des Kopfes verspielt vor und man möchte glauben, daß sich der Entwickler dieses Werkzeuges Anleihen an alten Vikinger-Äxten genommen hat. Auf den zweiten Blick wird man feststellen, daß das gar nicht so weit hergeholt ist, denn Heimo Roselli, der ja schon beim Design seiner Puukkos dafür bekannt ist, nicht unbedingt dem Mainstream oder dem klassischen Ansatz zu folgen, hat sich bei der Gestaltung des Axtkopfes offensichtlich von antiken Kopfformen skandinavischer Äxte inspirieren lassen.
Je weiter man bei antiken Zeichnungen von Axtköpfen in Finnland und generell Skandinavien sowie Russland zurückgeht, desto ähnlicher sehen diese der Axt von Heimo Roselli. Aber auch neuere Äxte aus Finnland, am bekanntesten wohl jene der Schmiede Billnäs, zeigen den Ansatz, welchen wir auch bei der Roselli Wildlife Axt vorfinden: einen relativ langen Schaft, der sich um den Stiel schmiegt in Verbindung mit einem hinuntergezogenen Bart sowie – und das ist die wohl bedeutendste Eigenart der Axt – einer Axtklinge, welche einen ungewöhnlich stumpfen Klingenwinkel aufweist.
Der Schaft oder Hals des Kopfes ist bei der Roselli Axt nicht einfach ein ovaler Zylinder mit angesetztem Bart, sondern die Seiten des Schaftes sind ergonomisch ausgeformt. Und zwar so, daß der Schaft, wenn man die Axt z.B. als Ulu verwendet, wirklich satt in der Hand liegt und sich in keiner Weise als Fremdkörper anfühlt. Sogar die Oberseite des Schaftes (und der Stielkopf mit Keil) sind abgerundet und entsprechen der Auflagelinie des Daumens, wenn man diesen oben anlegt.
Manche mögen das als unnötige Detail-Spielerei betrachten, ich finde das bei einem Tool, daß man nicht als Grob-Motorischer-Lumberjack verwendet sondern als Freizeit-Waldmensch eine schöne Sache, die einem die Verwendung dieses Werkzeugs erleichtert. Auch ein ausgestreckter Zeigefinger findet auf dem gewölbten Bartsteg und Bart angenehm Platz. Alles fühlt sich an, als wäre dieser Axtkopf dafür gemacht, in einer Hand Platz zu finden.
Kommen wir nun aber zur Klinge der Axt. Wie schon beschrieben fällt auf, daß die Klinge im Prinzip aus einem geschwungenen Bart besteht, welcher einen relativ dicken Körper besitzt. Im Vergleich zu den gängigen Wildlife Hatches anderer Axtschmieden wie z.B. Gränsfors Bruks oder Hultafors besitzt die Roselli Axt einen richtig dicken Körper. Wenn man von oben auf den Kopf schaut ist dieser nicht schmal und spitz zur Klinge zulaufend, sondern kurz und stumpf – sehr ungewöhnlich.
Zweck dieses Designs ist – so wie das auch bei den antiken Forstäxten von Billnäs der Fall war – mehrere Funktionen zu erfüllen: einerseits soll natürlich Holz gefällt werden oder ein Baumstamm in kleinere Stücke zerteilt werden können. Dabei soll die Axtklinge möglichst nicht im Holz stecken bleiben, um einen guten Arbeitsrhythmus zu ermöglichen. Gleichzeitig soll die Axt auch dafür geeignet sein, Holz der Länge nach zu spalten – eine Aufgabe, die mit einem schmal und spitz zulaufenden Klingenkopf zwar möglich, aber je nach Beschaffenheit des zu spaltenden Holzes oft nicht so einfach ist.
Wenn man sich eine alte Billnäs Forstaxt von oben ansieht, entspricht die Klingenform von der Schneide bis etwa 7cm Richtung Schaft jener Form der Roselli Axt: die Schneide hat einen stumpfen Winkel, welcher dann parallel Richtung Schaft ausläuft. Ein ideales Werkzeug, um damit Holz zu spalten. Ich habe die Roselli Axt mit anderen ähnlich großen, teilweise sogar größeren und schwereren Äxten verglichen und Holzscheite gespalten – wo die Konkurrenz teilweise beim ersten Hieb noch stecken blieb (und schwer wieder herauszubekommen war) ist die Roselli Axt anstandslos durchs Holzscheit durchgefahren (ich habe dabei bei allen Vergleichsäxten bewusst immer nur die gleich geringe Kraft angewandt, wie ich sie bei der Roselli Axt aufwenden musste – mit mehr Krafteinsatz konnten natürlich auch die anderen Äxte ein Scheit mit einem einzigen Hieb spalten). Was mir auch positiv aufgefallen ist: die Klinge bleibt nach so einem Hieb nicht (fest) im Unterlage-Holz stecken sondern lässt sich mühelos wieder anheben – kein Vergleich zu den Äxten mit spitzer Klingenform, welche nach einem stärkeren Hieb gerne auch stark im Hackstock oder Unterlageholz stecken bleiben.
Als Spaltinstrument hat die Roselli Axt also aufgrund des stumpfen Klingenwinkels als Bushcraft Axt meiner Meinung nach ganz klar die Nase vorn.
Wie sieht es dann mit dem Fällen von kleinen Bäumen oder dem zerteilen von Baumstämmen aus? Stört da die ungewöhnliche Klingenform der Axt? Überraschenderweise nicht: Die Klinge der Roselli Axt ist messerscharf (Papier-Test bestanden) und frisst sich daher mit glatten Schnitten ins Holz, daß es eine Freude ist. Man muss dabei den Schlagwinkel jedoch etwas steiler ansetzen als mit einer gewöhnlichen Axt, sonst fällt der Schnitt bzw. Hieb zu flach aus. Im Vergleich zu traditionellen Axtformen dringt die Klinge dabei nicht so tief in den Stamm ein. Was auf den ersten Blick vielleicht als Nachteil empfunden werden könnte, entpuppt sich auf den zweiten Blick allerdings als weiterer Vorteil der Klingenform: durch den stumpfen Winkel der Klinge bleibt diese auch beim Hieb quer zur Faserrichtung so gut wie nie im Holz stecken – ein Vorteil, der für zügiges Arbeiten meiner Meinung nach stark ins Gewicht fällt. Kein im-Holz-stecken-bleiben unterbricht den Hiebrhythmus, man hackt einfach drauf los und hört mit den Hieben erst auf, wenn das Holz durch ist (oder man eine Pause braucht). Da hat sie Heimo Roselli wirklich etwas dabei gedacht, wenn er die Anforderungen beim Bushcrafting im Auge behalten hat und auf einen ungestörten Arbeitsrhythmus geachtet hat.
Also auch beim Baumstamm-Hacken hat die Roselli Axt klare Vorteile gegenüber herkömmlichen Bushcraft Äxten.
Und als Werkzeug für grobe Schnitzarbeiten? Kann man mit so einer stumpfen Klingenform überhaupt vernünftig vorformen – zum Beispiel einen Rohling für eine Löffelschnitzerei (Spoon Carving)? Ja, auch das geht, man muss sich nur etwas umgewöhnen, was den Hiebwinkel angeht. Also nicht zu flach ansetzen, sonst prallt der Axtkopf quasi mit seiner Flanke am Werkstück ab. Sondern den Werkstück seitigen Schenkel der Klinke fast parallel, nur etwas spitzer, ansetzen. Bei einer „normalen“ Axt würde sich die Klinge dabei unweigerlich zu tief ins Holz fressen. Die Roselli Axt schabt dagegen ganz feine Späne vom Holz ab, und das auch, wenn man quer zur Faserrichtung arbeitet. Dank der tollen Schärfe der Klinge eignet sich die Roselli Bushcraft Axt also auch als Werkzeug für vorbereitende Spoon Carving Projekte.
Ein weiterer positiver Aspekt ist mir kürzlich beim Wandern aufgefallen: der Axtkopf lässt sich (inkl. Scheide) wegen seiner schmalen Kopfform ohne Probleme in der Seitentasche (die, wo man gerne Schokoriegel oder kleine Wasserflaschengriffbereit mitführt) meines Wanderrucksacks verstauen, den Stiel stützt ein seitlicher Kompressions-Zurrgurt des Rucksacks.
DER STIEL
Seinen eigenen Ideen eines ausgewogenen Gebrauchswerkzeugs folgend hat Heimo Roselli auch in den Axtstiel einiges an Denkarbeit und Handwerksgeschick gesteckt. Beim verwendeten Material fällt auf, daß der Stiel nicht – wie sonst oft üblich – aus Hickory oder Eschenholz gefertigt ist, sondern aus der in Finnland sehr weit verbreiteten Birke. Hickory oder Esche sind beides hervorragende Holzarten für Werkzeugstiele, nicht zuletzt wegen ihrer hohen Festigkeit und Härte. Birke dagegen ist eine Holzart, die etwas weicher ist, sowohl im „Flex“ als auch im Griff. Birkenholz mag nicht so bruchstabil sein wie Hickory oder Esche, bei einer Bushcraft Axt dieser kleinen Größe fällt dies jedoch sicher nicht so ins Gewicht wie bei einer großen Spaltaxt. Das weichere Birkenholz, welches bei der Roselli Axt mit Leinöl behandelt ist, fühlt sich außerdem sehr angenehm samtig im Griff an.
Die Form des Axtstiels unterscheidet sich – wie soll es anders sein – ebenfalls von den klassischen Äxten, und zwar sowohl im Längs- als auch im Querschnitt. Der Stiel ist, vom Kopf beginnend, relativ gerade gehalten und mündet in einen sanften Schwung mit einem deutlichen Knauf am Ende des Stiels. Dieser Knauf verbreitert sich (beim Faustgriff) nicht nur in Richtung der Finger sondern auch in Richtung des Daumenballens. Dafür gibt es fingerseitig einen schrägen “Schnitt“ im Knauf.
Wiederum sieht das alles auf den ersten Blick ungewöhnlich aus, erweist sich aber beim Gebrauch als äußerst gut durchdacht. Die hintere Hand findet bei der Arbeit einen guten Sitz in dieser Mulde und der zum Daumenballen dicker werdende Knauf verhindert, daß einem die Axt aus der Hand rutschen könnte – vom Gefühl her besser, als wenn es lediglich für die Finger eine Verbreiterung gäbe. Und wozu dieser schräge „Schnitt“ im Knauf? Die Antwort erhält man, wenn man das erste Mal versucht, die Axt so „lang“ wie möglich werden zu lassen, um den Schwung der Hiebe zu verbessern. Dieser Schnitt erlaubt nämlich dem kleinen Finger der hinteren Hand, sehr weit nach hinten zu rutschen, was zur Folge hat, das die ganze Hand weit hinten greift und man die Länge des Axtstiels tatsächlich bis auf den letzten Zentimeter ausreizen kann. Bei der Knaufform klassischer Äxte kommt es teilweise vor, daß man sogar einige Zentimeter des Stiels herschenken muss, da der Knauf nicht zulässt, wirklich ganz nach hinten zu greifen. Auf den Fotos sieht man deutlich, wie weit hinten man die Axt anpacken kann.
Welchen Vorteil hat das? Nun, auch wenn der primäre Zweck einer Bushcraft Axt nicht unbedingt darin besteht, große Bäume zu fällen, so ermöglicht dieser Roselli-Griff dennoch, das gesamte Schwungpotential des Stiels auszunutzen – und für so eine kleine (46cm) und relativ leichte Axt (ca. 850g) ergibt sich daraus für uns eine unerwartete Schlagkraft.
Heimo Roselli hat auch beim Querschnitt des Griffes auf Klassik verzichtet und diesen vor allem im hinteren Bereich weniger oval gestaltet – ein Faktor, welcher zusätzlich für einen satten Griff sorgt.
Im Vergleich zu einer Förster Axt von Gränsfors z.B., welche unserer Meinung nach störend „spitz“ im Griff geformt ist, hat uns auch hier die Roselli Axt überzeugt.
DER KLINGENSCHUTZ
Kommen wir nun zum letzten Bestandteil der Roselli Bushcraft Axt, dem Klingenschutz. Wobei der Begriff „Klingenschutz“ eigentlich untertreibt, da es sich um mehr als nur den Schutz der Klinge handelt. Der Klingenmantel ist aus sehr stabilem Leder gearbeitet, in Finnland nennt man es „sheath leather“, was soviel bedeutet wie „Messerscheiden-Leder“. Es ist sehr robust und ca. 3-4mm stark. Klingenseitig ist der Mantel mit einem zusätzlichen Lederstreifen (also insgesamt 3 Lagen Leder) vernäht, die Ecken sind vernietet. Verschlossen wird die Lederscheide mit einer silbernen Schnalle. Das Schnallenband geht auf der Rückseite der Scheide in eine Schlaufe über, welche es dem Besitzer der Axt ermöglicht, diese auf einen Gürtel oder sonstigen Gurt zu schnallen – gut durchdacht!
Der Klingenschutz sitzt dabei insgesamt so straff, daß dieser auch nicht versehentlich abgestreift werden kann, was ein Vorteil ist, wenn man die Axt im Rucksack mitführt.
FAZIT
Wie ihr obigem Text vielleicht schon entnehmen konntet, hat es die Roselli Axt geschafft, mich in der Praxis – trotz meiner anfänglichen Skepsis – rundum zu überzeugen und teilweise zu begeistern. Jeder Waldläufer hat natürlich seinen eigenen Vorstellungen eines idealen Werkzeuges – hier habt ihr nun meine persönlichen Eindrücke erfahren. Am besten nehmt ihr euch die Axt mal selbst in die Hand und vergleicht sie mit den „Mitbewerbern“. Im Folgenden habe ich nocheinmal die Pros und Contras aus meiner Sicht zusammengefasst:
VORTEILE
- Relativ leicht (850g)
- Relativ kurz (46cm)
- Schmaler Kopf (passt in Seitentasche)
- Dafür eine hohe Schlagkraft
- Sehr gute Spalteigenschaften
- Sehr gute Fälleigenschaften
- Kein Steckenbleiben – flüssiges Arbeiten
- Ergonomischer Kopf (Ulu)
- Sehr scharfe Klinge
- Angenehmes Stielmaterial (Birke)
- Ergonomische Stielform
- Durchdachter Knauf – volle Länge nutzbar
- Robuste Scheide mit Gürtelschlaufe
NACHTEILE
- “Exotischer” Look – nicht Jedermanns Sache
- Umgewöhnung auf stumpfen Klingenwinkel nötig
- Hammer-Fläche zu klein
- Birkenholz ist anfälliger gegenüber Beschädigungen
Die Roselli Bushcraft Axt gibt es in zwei Ausführungen – kurz und lang. Ich besitze die lange Version und finde, daß ein noch kürzerer nur dann Sinn machen würde, wenn man die Axt ausschließlich im Ein-Hand-Betrieb verwenden möchte. Denn auch die längere Version kann gut mit nur einer Hand gehalten und geführt werden, wenn man sie etwas mittiger greift. Und wie schon geschrieben passt auch die lange Version in einen Wanderrucksack hinein.
Am besten nehmt ihr die Roselli Axt selbst in die Hand und bildet euch ein eigenes Urteil – und dabei wünschen wir euch viel Freude!