DAS EINFÜTTERN
Obwohl das sämisch gegerbte Hirschleder an sich schon recht robust ist, werden an bestimmten Stellen der Hose dennoch noch Verstärkungen in Form von aufgeklebtem Futterleder angebracht. Dadurch kann sich das Leder in diesen Bereichen weniger stark dehnen oder beim Besticken verziehen und es bekommt mehr Körper, Stand und Robustheit.
Folgende Stellen werden mit Futterleder besetzt: an der Vorderhose der Bereich des Türls und der Knopflöcher, am Hosenbein seitlich hinauf bis zum Tascheneingriff. Dort, wo die Knopflöcher am Hosenbein genäht werden, kann man als zusätzliche Verstärkung auch noch einen Stoffstreifen mit verkleben. Auf der Hinterhose wird nach Wunsch der Schritt, sowie immer der Bereich, in den der Zwickel genäht wird, gefüttert.
Als Futtermaterial wird entweder sämisch gegerbtes Leder vom Reh oder von der Gams verwendet (es hat eine flauschig weiche Oberfläche, weicher noch als das Hirschleder), oder sämisch gegerbtes Ziegenleder (es hat eine glatte Oberfläche, hat eine kühlere Haptik und ist meist steifer als das rauhe Futterleder).
Beim Aufkleben des Futterleders kommt zum ersten Mal der sogenannte Roggenpapp zum Einsatz, ein sehr haftstarker natürlicher Kleber, der aus nichts weiterem als Roggenmehl und heißem Wasser angerührt wird. Wie er aussieht, kann man auf dem folgenden Bild sehen.
Der natürliche Kleber im Roggenmehl geht eine erstaunlich feste Verbindung mit den rauhen Lederoberflächen ein – sobald er getrocknet ist (was durch vorsichtiges überbügeln unterstützt werden kann), lassen sich miteinander verklebte Lederteile nur mehr mit Gewalt oder akribischer Milimeterarbeit voneinander trennen.
Sobald die Futterteile mit dem Oberleder verklebt sind, erhält das Leder an den gefütterten Stellen merklich Körper – und natürlich Robustheit. Da sich die Lederteile während des Trocknungsprozesses verziehen können, müssen alle Teile mit dem Originalschnitt verglichen und gegebenenfalls entsprechend gedehnt und in Form gezogen werden.
Die Ränder des Futterleders müssen nach dem Verkleben und Trocknen noch per Hand angesäumt werden (sieht man am Titelbild), denn nur, wenn die Ränder fest mit dem Oberleder vernäht sind, werden sie der mechanischen Belastung während des Tragens standhalten und sich nicht aufrollen.
DAS AUFDOPPELN
Die typische Säcklernaht wird so genäht, daß die Nahtzugaben nach dem Zusammensteppen außen liegen, was eine schöne creme-weiße Linie ergibt. Hier kann der Handwerker durch die Anzahl der mitgenähten Lagen entscheiden, welche Breite diese helle Linie später an der Hose haben wird. Nach einer Probenaht habe ich eine Stärke von fünf Lagen gewählt – jeweils eine Lage Oberleder mit einer Lage dickem Ziegenfutterleder und dazwischen eine Lage dickes Rehleder.
Das Futterleder an den Seitennähten der Vorderhose wurde ja bereits aufgeklebt, an den Seitennähten der Hinterhose muss daher noch ein ca. 3cm breiter Streifen Ziegenfutterleder aufgeklebt werden und dann noch der mittlere Rehlederstreifen. Alle verklebten Teile werden mit dem Holzbeitel geklopft und über nacht gepresst. Am folgenden Bild ist das Futter an der bereits geschlossenen Seitennaht, am Latz sowie die Futterstreifen an den Beininnennähten zu sehen.
Jetzt sind die Nähte für die Weitere Verarbeitung vorbereitet – mehr dazu im folgenden Kapitel.